Der Ackermann siegt
OPER

Den Besucher, der im Rahmen des zweiten Prag-Berlin-Festivals das Gastspiel der Staatsoper Prag in der Deutschen Oper besuchte, hätte ein Programmheft über manches aufgeklärt. Er hätte erfahren,dass die Geschichte von Emil Viklickýs neuer Oper „Der Ackermann und der Tod“ auf einem Dialog beruht, den der Prager Dichter Johannes von Tepl 1401 nach dem Tod seiner Frau schrieb. Eine Zusammenfassung der Handlung hätte den Wissbegierigen den halsverrenkenden Blick zur seitlich aufgestellten Übertiteltafel erspart; zugleich hätte sie ihn vor der unfreiwilligen Komik der Übersetzung bewahrt. Und gerne hätte man sich rühren lassen, als Gott (von den Kontrahenten zur Schlichtung angerufen) befand, dass in diesem Streit zwar der Tod den Sieg davontragen solle – der Mensch jedoch die Ehre. Aber der Rührung standen wiederum zwei andere Dinge entgegen. Zum einen der abschließende heilige Bimbam von Viklickýs ansonsten kunsthandwerklich sauber gearbeiteter, teils folkloristisch und teils modernistisch eingefärbter Nacherzählung des nationalen Literaturdokuments. Vor allem aber enttäuschte Premsyl Charváts gänzlich saft- und kraftloses Dirigat, dessen Nachdruckslosigkeit man sich nur durch mangelnde Probenzeit erklären konnte. Trost spendete allein der Tod: In seiner Rolle lieferte die engagierte Jana Sýkorová wenigstens ein paar Erklärungen dafür, warum Gott mit diesem unangenehmen Zeitgenossen gemeinsame Sache machen konnte.

Carsten Niemann